Wir untersuchen die Potentiale der Aktualisierung anhand künstlerisch-performativer Wiederholungen. Diese verstehen wir jedoch nicht im Sinne des Reenactments als Wiederaufführungen vor Publikum. Die Wiederholung verwenden wir viel mehr als eine künstlerisch-experimentelle Herangehensweise, im Sinne der Erkundung mittels unterschiedlicher (teils selbstentwickelter) künstlerischer Methoden. Eine forensische Rekonstruktion künstlerischer Praktiken und Prozesse vergangener Performances dient dabei als Grundlage für ein vertieftes Verständnis der mitunter komplexen Fragestellungen der Arbeiten und ihren zeitlich und räumlich verschobenen Kontexten. Dabei wird die körperliche Ebene im Sinne eines sinnlichen Erfahrens ins Zentrum gerückt.
***english version***
We investigate the potentials of actualisation by means of artistic-performative repetitions. However, we do not understand these in the sense of re-enactments as re-stagings for an audience. We use *repetition* much more as an artistic-experimental approach, in the sense of exploration by means of different (partly self-developed) artistic methods. A forensic reconstruction of artistic practices and processes of past performances serves as a basis for a deeper understanding of the sometimes complex questions of the works and their temporally and spatially displaced contexts. The focus is on the physical level in the sense of a sensual experience.
ARCHIVES IN PRACTICE. Tracing, Actualising and Transmitting Socially Engaged Performance Practices
Within the artistic research project Archives in Practice (01/2023-12/2023) we are able to investigate artistic ways of transmitting and documenting of socially engaged performance practices in the frame of the Angewandte Programme for Inter- and Transdisciplinary Projects in Art and Research (INTRA) at the University of Applied Arts Vienna.
Photo credits: Loose loops lab with Lens Kühleitner, Foto: Performatorium
***deutsche Version weiter unten***
Together with Charlotta Ruth we will explore the following question through artistic means.
Who or what carries, develops and transmits knowledge when it comes to performance and socially engaged art? An institution? An archive? A body? A collective body? A teacher? A website? A hard-drive? A box?
Im Rahmen des künstlerischen Forschungsprojekts Archives in Practice können wir im Rahmen des Angewandten Programms für inter- und transdisziplinäre Projekte in Kunst und Forschung (INTRA) an der Universität für angewandte Kunst Wien künstlerische Wege der Überlieferung und Dokumentation von sozial engagierten Performance-Praktiken untersuchen.
Gemeinsam mit Charlotta Ruth werden wir mit künstlerischen Mitteln der folgenden Frage nachgehen.
Wer oder was trägt, entwickelt und vermittelt Wissen, wenn es um Performance und sozial engagierte Kunst geht? Eine Institution? Ein Archiv? Ein Körper? Ein kollektiver Körper? Ein*e Lehrende? Eine Website? Ein Laufwerk? Eine Archivschachtel?
Zum Auftakt unseres gemeinsamen künstlerischen Forschungsprojekts Archives in Practice mit der Performerin und Choreografin Charlotta Ruth an der Universität für angewandte Kunst Wien (Projektstart: Dezember 2022), laden wir zu einem Workshop im Rahmen des APL Practice(!)Symposiums: Tracing Presences ein.
Wer oder was überliefert, generiert und trägt Wissen, wenn es um Performance und sozial engagierte Kunst geht?
Dieser Workshop richtet sich an alle, die sich fragen, wie Performance-Praxis über den Moment der gemeinsamen Live-Situation hinaus existieren kann. Anstelle eines gut organisierten Speichers stellen wir uns das Archiv als ein lebendiges Erinnerungsfeld vor und untersuchen, wie intersubjektives und verkörpertes Wissen besser in die archivarische Praxis einbezogen werden kann. Dazu wollen wir die Spuren und das verkörperte Wissen unserer Mitmenschen dokumentieren und weiterführen. Der Workshop lädt zu einem Mapping ein, an dem wir den Prozess des Sammelns und des Austauschs von Wissen als einen Moment des Webens von Netzwerken verstehen (Performatorium). Dies betrachten wir als Beitrag zu einer kritischen feministischen Kunstgeschichtsschreibung zur Performancekunst. In einem zweiten Teil des Workshops erforschen wir, wie intrinsische Medien der Performance-Praxis als dokumentarische Methoden funktionieren können (Living Documents, Ruth/Grünbühel).
Eingeladen sind Künstler*innen und Performanceinteressierte. Die Teilnehmer*innenzahl ist auf max. 10 Personen beschränkt.
***English***
FRI, 28.10.2022, 13:00-15:00 pm Künstlerhaus Factory Bösendorferstrasse 10, 1010 ViennaRegistration opens on 17.10.2022 at 10am: APL Webseite We ask for self-responsible solidarity corona testing (PCR) in advance.
For the kick off of our joint artistic research project Archives in Practice with performer and choreographer Charlotta Ruth (University of Applied arts Vienna, project start December 2022) we invite you to join our workshop at APL Practice(!)Symposium: Tracing Presences.
Who or what carries, develops and transmits knowledge when it comes to performance & socially engaged art?
This research workshop is for anyone who questions how performance practice is existing beyond the moment of the shared live situation. Rather than a well organised storage we imagine the archive as a vibrant memory field and investigate how to better include intersubjective and embodied knowledge inside archival practice. A place where we map and continue the traces and embodied knowledges of our peers. The workshop invites the participants into Performatorium’s mapping of performative practices where we understand the process of collecting and exchanging knowledge as a moment of creating networks as well as a contribution to a critical feminist art historiography of performance art. In a second part of the workshop, we recreate as well as explore how intrinsic media of performance practice can operate as documentary methods (Living Documents, Ruth/Grünbühel).Artists and those interested in performance art are invited to participate. The number of participants islimited to a maximum of 10 people.
SA, 22.10.2022, 11:00–15:00 Uhr Kunstraum Niederoesterreich Herrengasse 13, 1010 Wien Anmeldung: anmeldung@kunstraum.net (Betreff: Wühlen im Archiv V)
***English version below***
Gast-Input: Sööt/Zeyringer (Tiina Sööt und Dorothea Zeyringer) Konzept und Umsetzung: Performatorium (Olivia Jaques und Marlies Surtmann)
Die Performance we will figure it out von Sööt/Zeyringer (Tiina Sööt und Dorothea Zeyringer) wurde im Rahmen des Performanceabends On and beyond a Stage 2015 im Kunstraum Niederoesterreich gezeigt (1). In dieser Arbeit beschäftigte sich das Künstler*innen-Duo mit dem Überwinden von Hindernissen, dem Scheitern und dem Suchen nach Lösungen in scheinbar aussichtslosen Situationen. Gemeinsam mit Sööt/Zeyringer spüren wir sieben Jahre später dieser Performance nach. In einem Input teilt das Künstlerinnen-Duo, welches inzwischen eine zehnjährige Zusammenarbeit verbindet, ihre Praxis und führt uns so auf die Spur ihrer vergangenen Arbeitsweisen. Gemeinsam mit den Künstlerinnen reisen wir durch ein Wurmloch zu einer vergangen Arbeit ebenso wie einer vergangenen Art und Weise der Kollaboration. Die Form der Zusammenarbeit ist intrinsischer Teil der künstlerischen Arbeit und verändert sich über die Zeit, mit den Menschen, mit den veränderten Umständen, mit dem künstlerischen Interesse; es ist ein Lauschen, Sich-Verlieren, Sich (immer neu) Finden; einmal ist es Ausverhandlung, ein anderes Mal Zusammenspiel oder ein Sich-Herantasten.
Die Serie Wühlen im Archiv findet jeweils unterschiedliche Arten der künstlerisch-performativen Auseinandersetzung mit Performances aus dem Archiv des Kunstraum Niederoesterreich. Anhand von Dokumentationsmaterialien und/oder Oral History-Elementen beschwören (2) wir in Wühlen im Archiv das vergangene Ereignis herauf und begeben uns in den oszillierenden Loop zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das Projekt fordert das Ende der Betrachtung: kein Reenactment, sondern ein forensisches Zusammensetzen der Spuren, ein physisches Nachempfinden eines vergangenen Ereignisses. Dafür wenden wir eine eigens entwickelte Methode an, die wir an Diana Taylors Konzept des scenarios anlehnen. Dieses bildet einen Rahmen, der multiperspektivisch Interpretationsspielräume sowie zeitliche, örtliche und kulturbedingte Verschiebungen zulässt; eine formalistische Struktur, die sich unterschiedlicher Überlieferungs-Modi bedient. Auf einer praktischen Ebene widmen wir uns folgenden Fragen: Was kann durch den Prozess des Selbst-Wiederholens erfahren oder verstanden werden? Welche Aktualisierungen oder Reinterpretationen finden statt? Was bedeuten dieser Perspektivenwechsel für eine feministische Geschichtsbetrachtung, aber auch für einen alltäglichen Umgang mit vergangenen Ereignissen? Der Fokus verschiebt sich von der Frage nach der akkuraten lückenlosen Überlieferung hin zur Frage was und wie wir aus vergangen (Performance-)Ereignissen für ein rezentes Gesellschafts- und Kulturverständnis lernen.
Eingeladen sind Künstler*innen und Performanceinteressierte. Wir empfehlen das Tragen von gemütlicher Alltagskleidung. Die Teilnehmer*innenzahl ist auf max. 8 Personen beschränkt. Wir bitten HIER um eine verbindliche Anmeldung bis 14.10.2022 mit dem Betreff Wühlen im Archiv V. Wühlen im Archiv ist ein Kooperationsprojekt zwischen Performatorium und Kunstraum Niederoesterreich und ist eingebettet in ein Forschungsprojekt zur Archivierung von Performancekunst. Durch die Teilnahme am Workshop wird die Zustimmung erteilt, dass Aufzeichnungen und Abbildungen des Workshops, sowie Abbildungen etwaiger (künstlerischer) Ergebnisse der CC BY NC Regelungen unterliegen, im Rahmen des Forschungsprojekts Archivierung von Performancekunst? Über die Archivierung, Tradierung und Vermittlung einer Kunstform in Bewegung veröffentlicht und zur weiteren Forschung verwendet werden dürfen.
(1) Siehe Performanceabend On and beyond a Stage am 2. April 2015, kuratiert von Anat Stainberg, im Rahmen der Performacereihe #3 as can be seen from im Kunstraum Niederoesterreich (02.04.2015 – 30.05.2015). https://www.kunstraum.net/de/import/noekuevent/206-performancereihe-2015 (Stand: 02.07.2022). (2) In schwesterlicher Verbundenheit erinnern wir uns an dieser Stelle an Netta Weisers Radio-Choreographyhttps://tqw.at/event/radio-choreography-episode-4/ (Stand: 02.07.2022) und an Diana Taylors “conjur[ing] up past situations” (Taylor 2003).
***English***
Digging into the Archive V – we will figure it out
SAT, 22.10.2022, 11:00 am – 3:00 pm Kunstraum Niederoesterreich Herrengasse 13, 1010 Vienna Registration: anmeldung@kunstraum.net (subject: Wühlen im Archiv V)
Guest Input: Sööt/Zeyringer (Tiina Sööt and Dorothea Zeyringer) Concept and realisation: Performatorium (Olivia Jaques and Marlies Surtmann)
The performance we will figure it out by Sööt/Zeyringer (Tiina Sööt and Dorothea Zeyringer) was shown as part of the performance evening On and beyond a Stage 2015 at Kunstraum Niederoesterreich (1). In this work, the artist duo dealt with the overcoming of obstacles, failure and the search for solutions in seemingly hopeless situations. Seven years later we are going to trace this performance together with Sööt/Zeyringer. In an input, the artist duo, which has been working together for ten years, shares their practice and thus leads us on the trail of their past ways of working. Together with the artists we travel through a wormhole to a past work as well as a past way of collaboration. The form of collaboration is an intrinsic part of the artistic work and changes over time, with people, with changing circumstances, with artistic interest; it is a listening, losing themselves, finding themselves (always anew); at times it is negotiation, at other times it is interplay.
The series Digging into the Archive finds ways of artistic-performative engagement with performances from the archive of Kunstraum Niederoesterreich, with different approaches each time. Using documentary materials and/or oral history elements, we conjure up (2) the past event and enter the oscillating loop between past, present and future. The project demands the end of contemplation: not a reenactment, but a forensic composition of the traces, a physical recreation of a past event. For this, we use a ‘home made’ method, based on Diana Taylor’s concept of the scenario. This forms a framework that allows for multi-perspective interpretations and shifts in time, place and culture; a formalistic structure that makes equal use of the modes of tradition. On a practical level, we address the following questions: What can be experienced or understood through the process of repeating? What kind of updates or reinterpretations take place? What does this change of perspective imply for a feminist perspective on history, but also for an everyday dealing with past events? The focus shifts from the question of accurate and complete transmission to the question of what and how we learn from past (performance) events for a recent understanding of society and culture.
Artists and those interested in performance art are invited to participate in this experiment. Please wear comfortable clothes. The number of participants is limited to a maximum of 8 people. Please register until the 14th of October 2022 HERE with the subject line Wühlen im Archiv V. Digging into the Archive is a cooperation between Kunstraum Niederoesterreich and Performatorium. Digging into the Archive is embedded in a research project for the archiving of performance art. By participating in the workshop, the participant agrees that recordings and images of the workshop, as well as images of any (artistic) results within the research project Archiving Performance Art? On Archiving, Transmission and Mediation of an Art Form in Motion are subject to CC BY NC regulations and may be published and used for further research.
(1) See performance evening On and beyond a Stage on the 2nd of April 2015, curated by Anat Stainberg, as part of the performance series #3 as can be seen from at Kunstraum Niederoesterreich (02.04.2015 – 30.05.2015). https://www.kunstraum.net/de/import/noekuevent/206-performancereihe-2015 (Stand: 02.07.2022). (2) In sisterly solidarity we remember at this point Netta Weiser’s Radio-Choreographyhttps://tqw.at/event/radio-choreography-episode-4/ (as of 02.07.2022) and Diana Taylor’s „conjur[ing] up past situations“ (Taylor 2003).
ARTS OF GESTURE IN LATERAL TIME AND QUESTIONS OF TRANSMISSION
Rebecca Schneider shares her fruitful thoughts on sameness/difference and the temporalities of repetition in the context of our TQW Research Affiliation.
In her talk Arts of Gesture in Lateral Time and Questions of Transmission, Rebecca Schneider will lift out key concepts from a current book project on gesture titled Standing Still Moving: Arts of Gesture in Lateral Time. Thinking about gesture as a means of amongness, wit(h)ness, and besideness in time-based arts, Schneider will explore the idea of bodies and objects as cross-temporal, gestural, and composed in and as recurrence. When not only biological bodies but objects moving in geologic time are approached as inter(in)animate agents that gesture, call, and respond, how might ideas around arts transmission and conservation change?
To take up this question, in an open conversation she will refer to a 1998 text by Indigenous leader Robert Joseph of the Kwakw!!ka’wakw Nation of the Pacific Northwest of Turtle Island titled “Behind the Mask” from Beyond the Shimmering Sky (which will be read in depth during the Performatorium Book Club preceding the talk). We will think together about how gesture, body jumping, and dance might be considered modes of memory and ethics of response-ability.
Bibliographic information: Robert Joseph, “Behind the Mask,” in Down from the Shimmering Sky: Masks of the Northwest Coast, ed. Peter MacNair, Robert Joseph, and Bruce Grenville, (Seattle: University of Washington Press, 1998).
Rebecca Schneider is Professor of Modern Culture and Media at Brown University. The author of Performing Remains: Art and War in Times of Theatrical Reenactment (2011) and The Explicit Body in Performance (l997) among other books and over 50 essays, she is completing a digital book Standing Still Moving: The Arts of Gesture in Lateral Time. She was named a Guggenheim Fellow in 2021 for an ongoing research project titled Shoaling in the Sea of History.
***DEUTSCH***
DO, 16.06.2022, 18 Uhr, online Anmeldung unter registration@tqw.at Vortragssprache Englisch
Im Rahmen unserer TQW Research Affiliation teilt auch Rebecca Schneider ihre Gedanken zu sameness/difference und den Zeitlichkeiten von Wiederholungen in einem diskursiven Rahmen.
In ihrem Vortrag Arts of Gesture in Lateral Time and Questions of Transmission wird Rebecca Schneider Schlüsselkonzepte aus einem aktuellen Buchprojekt über Gesten mit dem Titel Arts of Gesture in Lateral Time aufgreifen. Indem sie über die Geste als Mittel der amongness, wit(h)ness, and besideness der zeitbasierten Kunst nachdenkt, wird die Performancetheoretikerin die Idee von Körpern und Objekten als Zeiten-übergreifend, gestisch wie auch in und als Wiederauftauchen komponiert untersuchen. Wenn nicht nur biologische Körper, sondern auch Objekte, die sich in der geologischen Zeit bewegen, als inter(in)animierte Agent*innen betrachtet werden, die gestikulieren, rufen (call) und antworten (response), wie verändern sich damit die Vorstellungen der Überlieferung und Bewahrung von Kunst?
Um sich dieser Frage in einem offenen Gespräch zu widmen, wird Schneider sich auf einen Text des indigenen Anführers Robert Joseph von der Kwakw!!ka’wakw Nation aus dem pazifischen Nordwesten von Turtle Island mit dem Titel Behind the Mask (in Beyond the Shimmering Sky, 1998) beziehen (der in einem dem Vortrag vorausgehenden Performatorium-Book Club gelesen wird). Wir werden gemeinsam darüber nachdenken, wie Gesten, Körper-Springen (body jumping) und Tanz als Formen der Erinnerung und als Ethik der Ver-antwort-ung (response-ability) betrachtet werden können.
Bibliographische Informationen: Robert Joseph, “Behind the Mask”, in Down from the Shimmering Sky: Masks of the Northwest Coast, ed. Peter MacNair, Robert Joseph, und Bruce Grenville, (Seattle: University of Washington Press, 1998).
Rebecca Schneider ist Professorin für Modern Culture and Media an der Brown University. Sie ist die Autorin von Performing Remains: Art and War in Times of Theatrical Reenactment (2011) und The Explicit Body in Performance (1997), neben anderen Büchern und über 50 Essays, stellt sie gerade das E-Book Standing Still Moving:The Arts of Gesture in Lateral Time fertig. 2021 wurde sie für ein laufendes Forschungsprojekt mit dem Titel Shoaling in the Sea of History zum Guggenheim Fellow ernannt.
Book Club DO, 16.06.2022, 14 Uhr TQW Studios (bei schönem Wetter werden wir in den Park gehen) Anmeldung bis MI, 18.05.2022 unter performatorium.info@gmail.com
Tanzquartier Wien Research Affiliation 2022 01.03.–30.06.2022 Tanzquartier Wien Museumsplatz 1, 1070 Wien
***english version below***
Wir freuen uns sehr über die Einladung zum Research Affiliate Programm des Tanzquartier Wien – Zentrum für zeitgenössische Choreografie und Performance eingeladen wurden. Nach geraumer Zeit des Rückzugs freuen wir uns nun auf einige Anlässe für ein physisches Wiedersehen!
“Das TQW Research Affiliate Programm dient der langfristigen Unterstützung der Produktion von Tanz- und Performancetheorie und bietet Nachwuchswissenschaftler*innen und/oder unabhängigen Forscher*innen eine 4-monatige Residency.” Anna Leon (TQW Theorie)
Dieser Rahmen bietet uns die Möglichkeit die Skizzierung der Wiener Performancelandschaft (und darüber hinaus) weiterzuentwickeln. Diese künstlerische Forschung stellt den Versuch dar nicht nur versteckte Geschichte(n) der Akteur*innen, Initiativen oder Institutionen dieser Landschaft aufspüren, sondern auch Wissen über und durch künstlerisch-performative Praktiken zu generieren und zu erschließen. Das Programm bietet uns die Möglichkeit die selbst entwickelte kollektive Methode der Wiederholung vergangener Performancekunst in Verschränkung mit unserem Performancemapping zu denken – zwei künstlerisch-forscherische Arbeitsweisen als Pole eines Projekts:
In einer Mapping-Session am TQW erweitern wir unsere analoge Karte des Wiener Performancelebens und tauchen danach an einem der Knotenpunkte in die Tiefe: Wir widmen uns der Untersuchung einer Performance aus der Vergangenheit des TQW und deren embodied practices (sneak peek: für ein 3-tägiges Lab gibts einen Open Call für Kompliz*innen, siehe weiter unten). Mit unserem künstlerischen Ansatz erproben wir die Wiederholung als Überlieferungstrategie für künstlerische Prozesse. Anregungen zu dieser Forschung wird auch die Performancetheoretikerin Rebecca Schneider geben, die ihre Gedanken zu sameness/difference und den Zeitlichkeiten von Wiederholungen in einem diskursiven Rahmen teilt.
Book Club DO, 16.06.2022, 14 Uhr TQW Studios (bei schönem Wetter werden wir in den Park gehen) Anmeldung bis 18.05.2022 unter performatorium.info@gmail.com
***ENGLISH***
Tanzquartier Wien Research Affiliation
We are happy to announce that we have been invited to the newly established Research Affiliate Programme of Tanzquartier Wien – Centre for Contemporary Choreography and Performance. After what feels like a retreat we are now looking forward to some occasions for a physical reunion!
“The TQW Research Affiliate programme supports dance and performance theory production in Vienna in the long term. To do so, it offers early career and/or independent researchers a 4-month residency.” Anna Leon (TQW theory)
This framework offers us the possibility to further develop the sketching of the Viennese performance landscape (and beyond). This artistic research represents an attempt not only to uncover hidden (hi)stories of agents, initiatives or institutions of this landscape, but also to generate knowledge on and through artistic-performative practices and make it accessible. The programme offers us the opportunity to elaborate on the self-developed collective method of repeating past performance art as intertwined with our performance mapping, and therefore understand the two artistic-research methods as two poles of one project:
In a mapping session at the TQW we expand our analogue map of Viennese performance life and then dive into the depths at one of its nodes: we dedicate ourselves to the investigation of a performance from the past of the TQW and its embodied practices (sneak peek: for a 3-day lab there is an open call for accomplices*, see below). With our artistic approach we will put repetition to the test as a transmission strategy for artistic processes. This research will further be inspired by performance theorist Rebecca Schneider, who will discuss questions of sameness/difference and the temporalities of repetition in a discursive framework.
We will not let you go ist der Titel der 2017 von Fanni Futterknecht eingereichten Performance. Die H13 Performancepreis-Einreichungen werden im Kunstraum Niederoesterreich aufbewahrt; einem inzwischen umfassenden Fundus an potentiellen Performances. Aus dieser Sammlung wählten wir Futterknechts Konzept und dürfen uns diesem mit ihrer freundlichen Erlaubnis in Wühlen im Archiv IV widmen. Futterknechts “tableau-artige Situationen und performative Bildmomente” sind inspiriert aus medialen Bildern und Protesten im öffentlichen Raum und sollen nun in den Kunstraum getragen werden. Um der Performance nachzuspüren wollen wir eine Umsetzung des Konzepts ausverhandeln und gemeinsam erproben. Das Konzept stellt für uns eine latente Form einer Performance dar. Dieser Möglichkeitsraum beinhaltet unendlich viele potentielle Umsetzungen.
Mit der Serie Wühlen im Archiv wollen wir je eine Performance aus dem Archiv des Kunstraum Niederoesterreich quasi ‘exhumieren’ und mit Hilfe einer systematischen Analyse von Performancedokumenten künstlerisch-performativ nachstellen. Das Projekt fordert das Ende der Betrachtung: kein Reenactment, sondern ein forensisches Zusammensetzen der Spuren, ein physisches Nachempfinden eines vergangenen Ereignisses. Dafür wenden wir eine eigens entwickelte Methode an, die wir an Diana Taylors Konzept des scenarios anlehnen. Dieses bildet einen Rahmen, der multiperspektivisch Interpretationsspielräume sowie zeitliche, örtliche und kulturbedingte Verschiebungen zulässt; eine formalistische Struktur, die sich unterschiedlicher Überlieferungs-Modi bedient.
Auf einer praktischen Ebene widmen wir uns folgenden Fragen: Was kann durch den Prozess des Selbst-Wiederholens erfahren oder verstanden werden? Welche Aktualisierungen oder Reinterpretationen finden statt? Was bedeuten dieser Perspektivenwechsel für eine feministische Geschichtsbetrachtung, aber auch für einen alltäglichen Umgang mit vergangenen Ereignissen? Der Fokus verschiebt sich von der Frage nach der akkuraten lückenlosen Überlieferung hin zur Frage was und wie wir aus vergangen (Performance-)Ereignissen für ein rezentes Gesellschafts- und Kulturverständnis lernen.
Wühlen im Archiv ist eine Kooperationsprojekt zwischen Performatorium und Kunstraum Niederoesterreich.
***english***
Digging into the Archive
We will not let you go is the title of the 2017 submitted performance by Fanni Futterknecht. The H13 Performance Prize submissions are stored at Kunstraum Niederoesterreich; a now extensive repository of potential performances. From this collection we chose Futterknecht’s concept and, with her kind permission, may devote ourselves to it in Digging into the Archive IV. Futterknecht’s tableau-like situations and moments of performative image are inspired by media pictures and protests in public space and are now to be carried into the art space. In order to collectively trace the performance we want to negotiate and rehearse a possible implementation of the concept. For us, the concept represents a latent form of a performance. This space of possibility contains an infinite number of potential realisations.
By Digging into the Archive, we want to ‚exhume‘ a performance from the archive of Kunstraum Niederoesterreich and reiterate it with the help of a systematic analysis of performance documents. The project demands the end of contemplation: not a re-enactment, but a forensic composition of the traces, a physical recreation of a past event. For this, we use a ‘home made’ method, based on Diana Taylor’s concept of the scenario. This forms a framework that allows for multi-perspective interpretations and shifts in time, place and culture; a formalistic structure that makes equal use of the modes of tradition.
On a practical level, we address the following questions: What can be experienced or understood through the process of repeating? What kind of updates or reinterpretations take place? What does this change of perspective imply for a feminist perspective on history, but also for an everyday dealing with past events? The focus shifts from the question of accurate and complete transmission to the question of what and how we learn from past (performance) events for a recent understanding of society and culture.
Digging into the Archive is a cooperation between Kunstraum Niederoesterreich and Performatorium.
In der dritten Folge dieses künstlerischen Forschungsprojekts zur Archivierung von Performancekunst beziehen wir uns exemplarisch auf die Performance Wenn es eine andere Möglichkeit gäbe von Julia Marx (H13 Niederösterreichpreis für Performance, September 2015).
Mit der Serie Wühlen im Archiv wollen wir je eine Performance aus dem Archiv des Kunstraum Niederoesterreich quasi ‘exhumieren’ und mit Hilfe einer systematischen Analyse von Performancedokumenten künstlerisch-performativ nachstellen. Das Projekt fordert das Ende der Betrachtung: kein Reenactment, sondern ein forensisches Zusammensetzen der Spuren, ein physisches Nachempfinden eines vergangenen Ereignisses. Dafür wenden wir eine eigens entwickelte Methode an, die wir an Diana Taylors Konzept des scenarios anlehnen. Dieses bildet einen Rahmen, der multiperspektivisch Interpretationsspielräume sowie zeitliche, örtliche und kulturbedingte Verschiebungen zulässt; eine formalistische Struktur, die sich unterschiedlicher Überlieferungs-Modi bedient.
Auf einer praktischen Ebene widmen wir uns folgenden Fragen: Was kann durch den Prozess des Selbst-Wiederholens erfahren oder verstanden werden? Welche Aktualisierungen oder Reinterpretationen finden statt? Was bedeuten dieser Perspektivenwechsel für eine feministische Geschichtsbetrachtung, aber auch für einen alltäglichen Umgang mit vergangenen Ereignissen? Der Fokus verschiebt sich von der Frage nach der akkuraten lückenlosen Überlieferung hin zur Frage was und wie wir aus vergangen (Performance-)Ereignissen für ein rezentes Gesellschafts- und Kulturverständnis lernen.
***english***
Digging into the Archive. Performance is a concept is a document is a performance
In this third episode of the artistic research project on archiving of performance art, we refer exemplarily to the performance Wenn es eine andere Möglichkeit gäbe by Julia Marx (H13 Niederösterreichpreis für Performance, September 2015).
By Digging into the Archive, we want to ‚exhume‘ a performance from the archive of Kunstraum Niederoesterreich and reiterate it with the help of a systematic analysis of performance documents. The project demands the end of contemplation: not a re-enactment, but a forensic composition of the traces, a physical recreation of a past event. For this, we use a ‘home made’ method, based on Diana Taylor’s concept of the scenario. This forms a framework that allows for multi-perspective interpretations and shifts in time, place and culture; a formalistic structure that makes equal use of the modes of tradition.
On a practical level, we address the following questions: What can be experienced or understood through the process of repeating? What kind of updates or reinterpretations take place? What does this change of perspective imply for a feminist perspective on history, but also for an everyday dealing with past events? The focus shifts from the question of accurate and complete transmission to the question of what and how we learn from past (performance) events for a recent understanding of society and culture.
Das Archiv diskutiert 16.11.-19.11.2020, Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, online Gesprächsreihe
Eine performative Spurensuche 18.11.2020
In einer praktischen Übung arbeiten wir gemeinsam in einem Vorstellungsraum: digital verbunden, physisch auf Distanz. In einer Ausnahmesituation, auch für das Performatorium, welches als Plattform bisweilen mit der physischen Ko-Präsenz von Körpern arbeitet, wollen wir im Rahmen von das Archiv diskutiert, den virtuellen Raum nicht nur als Ort des intellektuellen Austausches verstehen, sondern als ein temporäres Labor. Neben dem objekt- text- und bildbasierten Archiv soll auch der Körper als Speicherort des Wissens erprobt werden. Anhand der performativen Übung über den virtuellen Raum untersuchen wir die Rolle des (eigenen) physischen Körpers in Bezug auf die Speicherung und Weitergabe von Wissen. Wir arbeiten mit Fragmenten einer vergangen Performance – mit der Nacherzählung auf Basis von Dokumenten – und begeben uns damit gemeinsam auf Spurensuche.
Die Gesprächsreihe findet im Rahmen des diesjährigen Rundgangs der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe statt. Das Programm wird auf einer eigens dafür eingerichteten Website ab dem 12.11.20 einzusehen und zu verfolgen sein.
Wühlen im Archiv II. Modellhaftes Heraufbeschwören einer Performance im Digitalen Raum
20.11.2020 Kunstraum Niederoesterreich, via Zoom
***english version below***
Für den zweite Teil von Wühlen im Archiv haben wir die Künstlerin Malu Blume eingeladen und führen die Untersuchung zu ihrer vergangenen Arbeit But they don’t seem to go away (Performancereihe 2017, Kunstraum Niederoesterreich) gemeinsam fort. Den Umständen geschuldet treffen wir alle nun online aufeinander und begeben uns gemeinsam in ein digitales Experiment. Mit ‚Wühlen im Archiv II‘ holen wir ein Ereignis aus dem Archiv, begeben uns auf eine Gedankenreise mit körperlichen Übungen und stellen die Performance in unserer Vorstellung nach. Das (nun digitale) Projekt fordert das Ende der Betrachtung: kein Reenactment, sondern ein forensisches Zusammensetzen der Spuren, ein physisches Nachempfinden eines vergangenen Ereignisses.
Wühlen im Archiv beschäftigt sich mit dem Archiv des Kunstraum Niederoesterreich und entsteht als Kooperationsprojekt zwischen der Institution und Performatorium (Olivia Jaques und Marlies Surtmann).
***english version***
Digging into the Archive II. An Exemplary Evocation of a Performance in the Digital Sphere
For the second part of Digging into the Archive we have invited the artist Malu Blume and together we continue the investigation of her past performance But they don’t seem to go away (Performancereihe 2017, Kunstraum Niederoesterreich). Because of the current circumstances we will come together for a digital experiment. With ‚Digging into the Archive II‘ we take an occurrence from the archive, embark on a mental journey with bodily exercises and reconstruct the performance in our imagination. The (now digital) project demands the end of observation: not a re-enactment, but a forensic composition of traces, a physical recreation of a past event.
Digging into the Archive is investigating the archive of Kunstraum Niederoesterreich and is a cooperation of the institution and Performatorium (Olivia Jaques and Marlies Surtmann).